Jetzt forschen: Welche Maßnahmen helfen wirklich gegen Covid-19?

Nun gelten die Beschränkungen durch die Maßnahmen gegen die Verbreitung des Coronavirus schon seit einigen Wochen und es mehren sich die Überlegungen, wie eine Rückkehr ins normale Leben möglich ist.

Ich finde es wichtig, dass diese Diskussion geführt wird. Was mir aber fehlt, ist eine fundierte Basis, abzuschätzen, welche Maßnahmen welche Folgen haben könnten. Und eine solche Basis brauchen wir doch, wenn wir ethisch verantwortete Entscheidungen treffen wollen.

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Coronaviren verlassen eine Zelle, Ersteller NIAID

Denn jede Entscheidung wird weitreichende Folgen haben und auf ihre Weise Menschenleben kosten. Jede Lockerung wird bewirken, dass sich wieder noch mehr Menschen mit dem Virus anstecken und einige davon werden sterben. Ein langes striktes Festhalten an den Maßnahmen wird u.a. unsere Wirtschaftskraft schwächen und steht in der Gefahr, erhebliche psychische Belastungen und Armut zu verursachen. Auch das wird nach allen bisherigen Erfahrungen auf unterschiedliche Weise Menschen krank machen und Leben gefährden.

Von daher wäre es gut zu wissen, wie genau die Auswirkungen welcher Maßnahme sein könnten, was natürlich extrem schwierig ist. Eine wichtige und deutlich eher umsetzbare Voraussetzung dazu aber wäre, sich einen guten Überblick zu verschaffen, wie die genaue Situation eigentlich ist: Wie viele Menschen haben sich angesteckt? Wie viele haben wie darunter gelitten? Wie viele sind inzwischen zeitweilig immun? Wie sind die aktuellen psychischen, ökonomischen und sozialen Auswirkungen der Restriktionen? Wie haben andere Länder gehandelt und welche Auswirkungen hatte das? Weiterlesen

Ein Votum für Selbstbestimmung

Zum Urteil des Bundesverfassungsgericht zum § 217 StGB

Es ist jetzt sechs Jahre her, dass ich mich in meinem Post „Das Augenmaß wahren”  ausführlich mit der Frage auseinandergesetzt habe, ob eine Verschärfung des Strafgesetzbuchs notwendig sei, um den Wert des Lebens in unserer Gesellschaft zu schützen. Schon damals kam ich zu der Überzeugung, dass dies nicht der Fall sei.

Nachdem nun das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil vom 26. Februar 2020 den § 217 StGB, der die geschäftsmäßige Förderung des Suizids unter Strafe stellte, für nichtig erklärt hat, sehe ich mich in meiner Einschätzung bestätigt.

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Der Bundesadler im Bundesverfassungsgericht, Foto: Hilarmont

Dabei habe ich mich allerdings schon gefragt, ob ich dem Gericht auch da folgen möchte, wo es  von einem „Recht des Einzelnen, sein Leben selbstbestimmt zu beenden” und  „hierbei auf die freiwillige Hilfe Dritter zurückzugreifen” (alle Zitate aus oben genannter Presseerklärung des Bundesverfassungsgerichtes) spricht. Doch bei genauem Nachdenken muss ich ihm Recht geben. Weiterlesen

Noch einmal der § 219a

Zur erneuten Verurteilung von Kristina Hänel

Wie von ihr selbst schon erwartet (vgl. ihr Interview mit der Zeit im Sommer) wurde die Gießener Frauenärztin Kristina Hänel erneut nach dem § 219a StGB zu einer Geldstrafe verurteilt, weil sie auf ihrer Homepage nicht nur darauf hinweist, dass sie Schwangerschaftsabbrüche nach dem § 218a vornimmt, sondern auch einen Flyer bereitstellt, in dem sie vorstellt, welche Methoden des Schwangerschaftsabbruchs in ihrer Praxis durchgeführt werden (vgl. z. B. den Bericht in der Zeit.) Dabei beschreibt sie das jeweilige Vorgehen und informiert sachlich über Voraussetzungen, Komplikationsmöglichkeiten, Vor- und Nachbereitungen – so, wie sie das auch bei der ebenfalls von ihr angebotenen Blutegeltherapie tut.

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Diese Informationen sind aber auch vom geänderten Paragraphen 219a weiterhin verboten. Nicht verboten ist hingegen der Hinweis auf Informationen von Ärztekammern oder Bundesbehörden, wie z. B. auf die sehr gut gemachte Seite der Bundeszentrale für politische Bildung https://www.familienplanung.de/beratung/schwangerschaftsabbruch/, die umfassend zum Thema Schwangerschaftsabbruch informiert.

Man könnte sich also fragen, warum Hänel das Risiko einer erneuten Verurteilung in Kauf nimmt und nicht einfach einen Link auf oben genannte Seite setzt. Ich denke, die Gründe sind vielfältig. Zum einen gibt es da die taktische Überlegung, dass sie, wie sie im Sommer erklärt hat, vor dem Bundesverfassungsgericht klären will, dass der Paragraph 219a in seiner jetzigen Form verfassungswidrig ist.

Zum anderen gibt es inhaltliche Gründe: Nur durch eine eigene Beschreibung kann sie den betroffenen Frauen vermitteln, was sie in ihrer Praxis erwartet (und dass sie z. B. gerne Vertrauenspersonen ihrer Wahl mitbringen dürfen). Zum anderen ist ja nicht gesagt, wie lange eine Regierung an der Macht ist, die eine vernünftige Aufklärung über den Schwangerschaftsabbruch bei der Bundeszentrale für politische Bildung ermöglicht. Da ist es m. E. berechtigt zu fordern, dass die betroffenen Ärztinnen und Ärzte ihre Patientinnen selbst informieren dürfen, solange sie sich an die auch sonst gegebenen Regeln für ärztliche Aufklärung halten, die ja eine Werbung im echten Sinne sowieso verbieten.

Aus meiner Sicht wäre es auch noch erträglich, einen Paragraphen 219a mit einem engen Werbeverbot beizubehalten, wenn sachliche Information künftig erlaubt wäre. Ansonsten sollte man diesen Paragraphen ganz abschaffen. Denn wirklich brauchen tun wir ihn nicht.

Mehr zum Hintergrund der Debatte und meiner eigenen Position in meinen beiden anderen Beiträgen zum Thema vom 1.2.2018 und  23.12.2018.

Endlich Klarheit: Die Grenzen der Garantenpflicht beim Suizid

Wenn Menschen sterben wollen – wie weit soll man als Staat oder Gesellschaft um ihr Leben kämpfen und wo soll ihr Todeswunsch Vorrang haben? Diese Frage beschäftigt die Gerichte und den Gesetzgeber seit vielen Jahren immer wieder aufs Neue. Es gilt einen Ausgleich zu finden zwischen dem Respekt vor der Autonomie eines Menschen, nicht gegen seinen Willen leben zu müssen (wobei man sich immer fragen kann, wie autonom und frei diese Entscheidung in den einzelnen Situationen wirklich ist) und der Fürsorge für dieses Leben (wobei man sich immer fragen kann, ob es wirklich Fürsorge ist, jemandem ein Leben zuzumuten, das dieser selbst nicht will).

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Der Bundesgerichtshof hat in einer Reihe von Urteilen den Weg dahin geebnet, dass die bei klarem Verstand gefasste Entscheidung eines Menschen, wie zu einem späteren Zeitraum, an dem er nicht mehr entscheidungsfähig ist, in medizinischen Dingen zu verfahren sei, zu respektieren ist, wenn nicht Hinweise darauf vorliegen, dass sie nicht mehr gelten soll (vgl. die Zusammenstellung unter http://www.drze.de/im-blickpunkt/sterbehilfe/module/fuenf-urteile-zur-sterbehilfe). 2009 hat dann der Bundestag ein Gesetz beschlossen, das diese Überlegungen im BGB verankert (vgl. https://www.aerzteblatt.de/archiv/65811/Alte-und-neue-Regelungen-Patientenverfuegungen-werden-verbindlich). In Auslegung dieses Gesetzes hat der BGH dann darüber entschieden, wie eindeutig eine solche Erklärung sein muss, und aus meiner Sicht Kriterien mit Augenmaß festgelegt, die eine Patientenverfügung mindestens zu erfüllen hat, damit sie Gültigkeit erlangen kann.

Am 3. Juli dieses Jahres hat der BGH diese Linie auch in Bezug auf zwei Fälle bestätigt, bei denen es um die Beihilfe zum Suizid ging (vgl. https://www.bundesgerichtshof.de/SharedDocs/Pressemitteilungen/DE/2019/2019090.html.) und damit ein Urteil von 1984 korrigiert, das in eine andere Richtung gewiesen hatte (vgl. https://www.spiegel.de/spiegel/print/d-13508489.html). Weiterlesen

Neuer Impuls in der Debatte um Organspenden

Im Vorfeld der gestrigen Bundestagsdebatte zur Organspende (in wichtigen Punkten zusammengefasst vom Deutschen Ärzteblatt unter https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/104184/Parlament-bei-Neuregelung-der-Organspende-gespalten) hat der neue Präsident der Bundesärztekammer Klaus Reinhardt den Vorschlag gemacht, potenzielle Organspender*innen bei einem möglichen Organempfang zu bevorzugen und dabei auf entsprechende Regelungen in Israel verwiesen (vgl. https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/104048/Bundesaerztekammerpraesident-schlaegt-neue-Regeln-bei-Organspende-vor.) Ich selbst hatte ja, ohne die israelische Regelung zu kennen, Vergleichbares vorgeschlagen.

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Nachspiel der ersten Herztransplantation (Urheber: Tiiu Sild [Public domain])

Unverständlich finde ich, dass über diese Möglichkeit in Deutschland bisher so wenig diskutiert wird. Beide Kommentare, die ich im Internet zur israelischen Gesetzgebung fand, waren kritisch und beide für mich wenig einleuchtend. Weiterlesen

Eine göttliche Kraft?

Im Moment nehme ich an einem Jahrestraining im Handauflegen nach der Schule der Open Hands teil. Die Einzelheiten dieses Ansatzes, den ich insgesamt als sehr hilfreich erlebe, habe ich hier auf dieser Webseite beschrieben.

Was mich allerdings beschäftigt, ist die Formulierung im einleitenden Gebet: „Möge die göttliche heilende Kraft durch uns fließen.“

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Brigitte Schiefer spricht das Heilgebet mit aufgelegten Händen

Ich frage mich, in welchem Sinne die Kraft, die beim Handauflegen wirkt, göttlich sein soll – und ob sie sich da von anderen guten Kräften in dieser Welt unterscheidet, also z. B. von der in bestimmten Situationen wohltuenden schmerzlindernden Wirkung des Aspirins, der lebensrettenden Wirkung des Entfernens eines entzündeten Blinddarms oder einer Hüft-OP, die einem Menschen Schmerzen nimmt und das Gehen wieder ermöglicht. Weiterlesen

BGH: Anforderung an Bestimmtheit von Patientenverfügungen nicht überspannen

Der Bundesgerichtshof hat im November letzten Jahres ein Urteil gefällt (vgl. http://juris.bundesgerichtshof.de/cgi-bin/rechtsprechung/document.py?Gericht=bgh&Art=pm&pm_nummer=0185/18), in dem er seine bisherige Linie bei der Bewertung von Patientenverfügungen weiterführt und zu hohe Anforderungen in Bezug auf ihre Konkretheit verwirft.

Im konkreten Fall hatte eine Frau 1998 in einer Patientenverfügung u.a. festgehalten, dass sie keine lebensverlängernden Maßnahmen wünsche, wenn keine Aussicht auf Wiedererlangung des Bewusstseins bestehe oder aufgrund von Krankheit oder Unfall ein schwerer Dauerschaden des Gehirns zurückbleiben sollte. Zudem habe sie nach Zeugenaussagen in den folgenden Jahren mehrmals  in Bezug auf Wachkomapatienten gesagt, so wolle sie nicht leben, in so einer Situation wolle sie auch nicht künstlich ernährt werden und  das habe sie durch ihre Patientenverfügung auch ausgeschlossen. Zugleich hatte sie geschrieben, aktive Sterbehilfe lehne sie ab.

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2008 hatte sie erst einen Schlaganfall erlitten, um dann einen Monat später durch Sauerstoffmangel ins Wachkoma zu fallen. Dazwischen hatte sie ihrer Therapeutin trotz Trachealkanüle gesagt, dass sie sterben wolle. Trotzdem war sie mittels einer Magensonde künstlich mit Flüssigkeit versorgt und ernährt worden. Weiterlesen

Werbung für Abtreibung? – Werbung für mehr Wertschätzung und sprachliche Genauigkeit!

Es ist vielleicht kein weihnachtliches Thema. Aber beim Nachdenken über den Kompromiss zwischen CDU und SPD zum Paragraphen 219a und die Reaktionen darauf, sind mir doch noch einmal zwei Dinge bewusst geworden.

Das erste ist mein Ärger über die Berichterstattung. Immer wieder wird unkritisch wiederholt, der Paragraf verbiete die Werbung für die Abtreibung. Das tut er zwar, aber er verbietet eben mehr, nämlich auch jede öffentliche sachliche Information von Ärztinnen und Ärzten, dass sie Abtreibungen durchführen und wie die Bedingungen bei ihnen dafür sind und das wird selten explizit benannt und dadurch wird die Diskussion verfälscht:

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Denn dass keine Werbung im engeren Sinne für Abtreibungen gewünscht werden kann, darin sind sich vermutlich fast  alle einig. Ich denke, das Ziel muss sein, die Zahl der Abtreibungen soweit wie möglich zu verringern. Aber eben nicht dadurch, dass man den Frauen (oder Paaren) den Zugang dazu über die aus meiner Sicht sehr sinnvolle Pflicht zur Beratung hinaus erschwert, sondern dadurch, dass man versucht, die Ursachen von Abtreibungen zu reduzieren: durch bessere Aufklärung, bessere Sexualerziehung, bessere Vereinbarkeit von Familie und Ausbildung oder Beruf, durch die Verhinderung von Vergewaltigungen,  die bessere Akzeptanz von Menschen mit Besonderheiten und Behinderungen in unserer Gesellschaft usw.

Der zweite Punkt, der mich stört, ist die Missachtung für diejenigen Ärztinnen und Ärzte, die Abtreibungen vornehmen, die darin liegt, dass man ihnen nicht zutraut, dass die Weise, wie sie selbst auf die Möglichkeiten hinweisen würden, eine angemessene wäre, sondern sie mit einem eigenen Paragraphen des Strafgesetzes bedroht.  Um Missbrauch zu vermeiden, gäbe es milderes, passenderes Mittel: Das Gesetz über die Werbung auf dem Gebiete des Heilwesens (https://www.gesetze-im-internet.de/heilmwerbg/BJNR006049965.html) beinhaltet ja auch das Verbot der Werbung für Behandlungen bestimmter Krankheiten wie Krebs oder meldepflichtige Informationskrankheiten. Das verbietet aber eben nicht den Hinweis darauf, dass eine Praxis oder Klinik solche Behandlungen durchführt und auch nicht Basisinformationen über diese Krankheiten und ihre Behandlungsmöglichkeiten, sondern nur Werbemaßnahmen, die darüber hinausgehen. In diese Regelung könnte man auch gut Informationen zur Abtreibung aufnehmen, sodass  ohne die betroffenen ÄrztInnen nicht weiterhin diskriminiert wären.

Aus meiner Sicht erweisen Ärztinnen und Ärzte, die den Frauen oder Paaren, die für sich keinen anderen Weg wissen, helfen, eine Abtreibung nach den Regeln der Medizin möglichst schonend durchzuführen, unserer Gesellschaft einen wichtigen Dienst.  Und deshalb sollten sie diesen in angemessener Weise auch öffentlich dokumentieren dürfen.

Mehr zu den Hintergründen in meinem ersten Post zu diesem Thema vom 1. Februar dieses Jahres

Beratung statt Bevormundung: Stellungnahme der EKD-Kammer für Öffentliche Verantwortung zur Nichtinvasiven Pränataldiagnostik

Zurzeit wird vom Gemeinsamen Bundesausschuss geprüft, ob die Tests zur Nichtinvasiven Pränataldiagnostik (NIPD) in den Regelleistungskatalog der gesetzlichen Krankenkassen aufgenommen werden sollen. Dies hat eine kontroverse Diskussion ausgelöst.

Auf der einen Seite stehen Kritiker wie die eines Interfraktionellen Positionspapiers, die die Gefahr sehen, dass dadurch der Schutz des ungeborenen Lebens ausgehöhlt und ein Druck geschaffen werde, keine Kinder mit Trisomie 21 und dem damit verbundenen Down-Syndrom auf die Welt zu bringen (vgl. http://www.netzwerk-praenataldiagnostik.de/fileadmin/praenatal-diagnostik/bilder/180703_Interfraktionelles_Positionspapier_NIPD.pdf). Auf der anderen Seite befinden sich Menschen wie die Berichterstatterin für Pränataldiagnostik der SPD-Fraktion Hilde Mattheis, die die Gefahren deutlich geringer einschätzen und umgekehrt nicht einsehen wollen, dass die Frage nach dem Zugang zu diesen Test von der Größe des eigenen Geldbeutels bestimmt werden soll (vgl. http://www.fr.de/politik/meinung/gastbeitraege/gastbeitrag-ein-test-nur-fuer-schwangere-mit-geld-a-1601310).

Nun hat die EKD-Kammer für Öffentliche Verantwortung eine Stellungnahme verabschiedet (https://www.ekd.de/ekd_de/ds_doc/NIPD-2018.pdf), die aus meiner Sicht die Fakten gut zusammenfasst, die ethischen Probleme beschreibt und dann zu einem Votum kommt, welches die Pole Freiheit und Verantwortung in einer gelungenen, evangelischen Weise zusammenbringt und die sich der Rat der EKD zu eigen gemacht hat:

„Die Kammer empfiehlt grundsätzlich, die Nichtinvasiven Pränataltests (NIPT) aufgrund ihres für die schwangere Frau und das ungeborene Kind erheblich schonenderen Charakters in den Leistungskatalog der Gesetzlichen Krankenversicherung aufzunehmen. Diese zustimmende Empfehlung ist allerdings daran geknüpft, dass eine neue psychosoziale, dem Lebensschutz verpflichtete Beratung eingeführt wird, die schwangere Frauen und Paare darin begleitet, eine individuell verantwortete Entscheidung darüber zu fällen, ob sie den genetischen Bluttest durchführen wollen und in der Lage sind, die sich daraus etwa ergebenden Folgen zu tragen.” (S. 7.)

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Wird die Widerspruchlösung das Problem des „Organmangels” beseitigen?

Ein von Teilen der SPD unterstützter  Vorschlag des Bundesgesundheitsministers Jens Spahn sieht vor, dass jede und jeder Hirntote zum Organspender werden könnte, wenn nicht er selbst oder ihre Angehörige dem ausdrücklich widersprochen hätten (vgl. z. B. http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/spd-begruesst-jens-spahn-vorstoss-zur-organspende-15769055.html.) Aber auch unabhängig von der ethischen Frage, ob es gerechtfertigt ist, diesen massiven Eingriff in den Sterbe- und Trauerprozess staatlich mehr oder weniger zum Pflichtprogramm zu machen, habe ich mit Blick auf die Zahlen der Organentnahmen in Europa erhebliche Zweifel, ob die Gesetzesänderung das Problem lösen wird.

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So weist in der Statistik zwar Spanien (mit Widerspruchslösung) mit einer Rate von 43,4 Spendern pro Millionen Einwohnern die höchste Entnahmequote auf, allerdings werden dort auch nicht nur hirntoten Menschen Organe entnommen, sondern schon Personen nach einem Herzstillstand. Umgekehrt liegt Russland (ebenfalls mit Widerspruchslösung) mit 3,3 Spendern pro Millionen Einwohnern mit am Ende der Skala, während Kroatien mit eine Einwilligungslösung mit 38,6 Spendern an zweiter Stelle liegt. (Zahlen von 2016, entnommen der Statistik unter https://de.statista.com/statistik/daten/studie/226978/umfrage/anzahl-postmortaler-organspender-in-ausgewaehlten-laendern/, Informationen zur jeweiligen Rechtslage unter https://www.organspende-info.de/infothek/gesetze/europa-regelungen.)

Ethisch finde ich am Vorschlag von Spahn zwar sympathisch, dass er den Angehörigen zumindest ein Widerspruchsrecht zusprechen will und sich damit der jetzigen Situation ja wieder annähert; praktisch wirft das aber neue Fragen auft: Wie intensiv muss sich das entnehmende Krankenhaus bemühen, Angehörige zu erreichen? Auf wen genau ist zu hören, es unterschiedliche Meinungen gibt? Etc.

Mir erscheint da immer noch mein Vorschlag vom November stimmiger, nämlich ein Organspenderegister einzuführen, in das sich jeder eintragen kann, der bereit ist, ggf. seine Organe zur Verfügung zu stellen, und diese Personen im Falle der Wunsches, Organe zu empfangen, klar zu bevorzugen. (Mehr unter https://krankenhauspfarrer.net/2017/11/13/plaedoyer/