Herrscherin der Welt

Was würden Sie tun? Was würden Sie tun, wenn Sie nicht nur König von Deutschland wären, wie es Rio Reiser besingt, sondern Herrscher oder Herrscherin der Welt. Und zwar mit größter Weisheit, absolutem Gerechtigkeitssinn und unbegrenzter Macht. Na ja, nicht mit ganz unbegrenzter Macht. Die Naturgesetze würden schon weiterhin gelten Und sie müssten mit den Menschen zurechtkommen, die es auf dieser Erde gibt. Aber diese könnten Sie mit Ihren Gesetzen und einem loyalen Machtapparat so beeinflussen, wie Sie wollen.

Das Wappen von Lucelle auf der Kanzel von 1699 (Hugues-Jean Monnot) mit der Weltenherrscherin auf dem Kirchendach.

Was würden Sie tun angesichts des Leides in der Welt – des aktuellen und des zukünftigen, welches z. B. durch Treibhausgase, weitere Umweltverschmutzung, den Raubbau an natürlichen Ressourcen und das weitere Anwachsen der Zahl der Menschen jetzt angelegt wird?

Wie würden Sie dafür sorgen, dass alle genug zum Leben haben?

Was würden Sie den Menschen in Deutschland oder in den USA zumuten? Was an Einschränkungen beim Heizen, beim Fahren, beim Kleiden, beim Konsumieren? Und wem in diesen Ländern?

Welche Eingriffe würden Sie wem darin zumuten, dass neue technische Lösungen (wie Windkraftanlagen, Staudämme, Leitungen, Eisenbahnen etc.) den Sparzwang abmildern könnten (aber natürlich nicht ohne Auswirkungen auf die Natur und das Leben der Menschen in der Nähe dieser Anlagen)?

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Gott dynamisch denken

Impulse aus dem Buch von Catherine Keller „Über das Geheimnis“ – Gott erkennen im Werden der Welt – Eine Prozesstheologie

Vorbemerkung

Mindestens seit meiner Jugend bin ich auf der Suche nach Gott. Und diese Suche zeitigt zwar immer wieder Ergebnisse, ist aber nie abgeschlossen, sondern wird durch neue Lebenserfahrungen und auch neue spirituelle Impulse immer wieder verändert.

Als denkender und fühlender Mensch hat die Suche nach Gott für mich zwei Dimensionen: die emotionale und die gedankliche. Beide sind für mich wichtig. Gefühlsmäßig erfahrbar wurde Gott für mich in der Stille, in der Meditation, in bestimmten Gottesdiensten, in gemeinsamen politischen Aktionen der Gewaltfreiheit, im Gebet und im Handauflegen, um nur einige Beispiele zu nennen.

Gedanklich war es mir immer wieder wichtig, ein solches Gottesbild zu entwickeln, das mit den Erfahrungen von mir und anderen Menschen zusammenpasst und für unser Leben relevant ist. Dazu gehört, dass es in sich keine logischen Widersprüche aufweisen soll (was nicht meint, dass die Gotteserfahrung keine Ambivalenzen haben dürfte), dass es die Erfahrungen und Erkenntnisse des Menschen nicht leugnet, sondern sie erklärt und in einen – ggf. auch korrigierenden – Rahmen stellt, und dass es deutlich macht, was diese Welt von einer solchen (natürlich nur theoretisch gedachten, denn es gibt ja nur diese eine) unterscheidet, von der ich nicht sagen würde, dass Gott in ihr wirksam ist.

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Nach meinem Studium habe ich nicht mehr  viele Bücher gelesen, die diesen Prozess meiner Gotteserkenntnis beflügelt hätten. Das Buch der amerikanischen Theologin Catherine Keller „Über das Geheimnis“,  2008 auf Englisch erschienen und 2013 ins Deutsche übersetzt, könnte eines von ihnen sein.

Glaube als Prozess

Denn so schreibt Keller in ihrem Prolog:

„Der Glaube ist keine festgelegte Meinung, sondern ein lebendiger Prozess. Er ist gerade die Grenze und die Öffnung zu einem Leben im Prozess. Leben [ich würde sagen ‚Leben im Glauben’, HP] bedeutet vertrauensvoll in den nächsten Moment einzutreten: in das Unvorhersagbare.“ (S. 16)

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