Mein Glaube angesichts der Coronapandemie

Ich werde manchmal gefragt, „Herr Pastor, haben Sie eigentlich Angst vor dem Sterben?.“ Meine Antwort darauf ist: „Im Moment, glaube ich, nicht wirklich; aber zeigen muss es sich dann, wenn ich in der Situation bin und davor stehe.“

Auf einer anderen Ebene geht es mir auch so mit der augenblicklichen Situation. So unerwartet sie auch für mich kam, sie ändert eigentlich nicht meinen Blick auf die Welt. Dass jedes Leben und jede Gemeinschaft bedroht und zerbrechlich ist, weiß ich spätestens seit dem frühen Tod meines Vaters und, seitdem mir von Auschwitz und vom Zweiten Weltkrieg erzählt wurde. Und die Kriege in Jugoslawien, der Tsunami 2004 und tausend Schicksale hier im Krankenhaus haben mich immer wieder daran erinnert.

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Knospe der Nashi-Birne im Corona-Frühling; eigene Fotografie

Schau ich mir die Bibel an, dann sind das allerdings ganz und gar keine neuen Erfahrungen, sondern spiegeln in gewisser Weise das Zentrum christlichen Glaubens wider. Denn der Begründer unserer Religion ist eben kein erfolgreicher Kriegsheld, sondern am Kreuz zu Tode gefoltert worden. Allerdings – und das ist dann die andere Seite unseres Glaubens – eben nicht im Tod geblieben.

Was heißt das nun für mich in Corona-Zeiten? Weiterlesen

Kann Leiden stark machen?

Vor einiger Zeit sprach Traugott Roser auf dem Jubiläum der Hospizgruppe am Lukas-Krankenhaus Bünde über Resilienz. Dabei beschrieb er, dass zu den Faktoren, die es leichter machen, belastende Dinge gut zu überstehen, der Umgang mit früheren Erfahrungen von Leid und Schmerz gehören kann. In dem Zusammenhang erzählte er von einer älteren Frau, die schon zwei Kinder verloren hatte und der man dann auch noch mitteilen musste, dass auch ihr Mann gestorben war. Alle befürchteten, dass sie unter dieser Nachricht zusammenbrechen würde; aber sie konnte sie dann deutlich gelassener nehmen, als die anderen es erwartet hatten und sagte, denn sie hätte gelernt, mit Schmerz zu leben.

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Fjord in Norwegen

Mich erinnert das an eine Patientin, ich nenne sie Frau A1, die ich selbst vor einiger Zeit betreut habe. Sie war Ende 40 und litt seit 5 Jahren an Krebs. Sie hatte sich in dieser Zeit immer wieder Chemotherapien unterzogen und ihre erste Prognose schon um dreieinhalb Jahre überlebt. Viele der Therapien waren belastend gewesen, aber Frau A. hatte dies hingenommen und zugleich darauf bestanden, dass sich das Leben weiter lohnen solle. So hatte sie sich z.B. einen Lebenstraum verwirklicht und eine Kreuzfahrt auf der Hurtigruten unternommen, auch wenn sie dabei zwischenzeitlich auf einen Rollstuhl angewiesen war. Weiterlesen