Freiheit in Verantwortung: eine evangelische Position zum assistierten Suizid

In diesem Post möchte ich auf einen gemeinsamen Gastbeitrag des Münchner Theologen und Vorsitzenden der Kammer für öffentliche Verantwortung Reiner Amseln, der Bochumer Theologin Isolde Karle und dem Diakoniepräsidenten Ulrich Lilie in der FAZ vom 11.1.2021 hinweisen, in dem diese sich mit dem assistierten Suizid auseinandersetzen.

Dabei betonen sie die gute Vereinbarkeit der Wertschätzung des Individuums und seiner Freiheit mit den eigenen christlichen Wurzeln, an der auch politische Entscheidungen zu messen seien, und fahren dann fort:

„Jede und jeder Einzelne soll als Mensch in seiner eigenen, individuellen Würde in den Blick genommen werden. In dieser Hochschätzung des Individuums und seiner Selbstbestimmung gibt es keine Differenz zwischen dem Urteilstenor des Verfassungsgerichts und der Position der evangelischen Ethik. Die Selbstbestimmung anzuerkennen und zu fördern bedeutet selbstverständlich nicht, jede Handlungsweise gutzuheißen oder sich gar mit ihr zu identifizieren. Aber es bedeutet, den unterschiedlichen Formen, das eigene Leben zu gestalten, Respekt entgegenzubringen – auch wenn sich diese Gestaltung darauf bezieht, dem eigenen Leben ein Ende zu setzen.”

Sie stellen dann klar, dass eine solche Haltung nicht bedeutet, jegliches Verhalten gut zu finden, sondern nur, die Person in ihrer Selbstverantwortung zu akzeptieren. Dabei setzen sie sich im Folgenden auch mit der Frage auseinander, wie frei bzw. selbstverantwortet eine Suizidentscheidung überhaupt sein könne, machen deutlich, dass sie Menschen vor äußerem Druck schützen und Lebensperspektiven (innere und äußere) erschließen wollen, und und betonen dann, dass kirchliche Vertreter*innen am meisten Vertrauen genießen könnten, wenn sie nicht vorschnell Partei ergriffen, indem sie einen assistierten Suizid als unvereinbar mit dem christlichen Glauben brandmarken würden.

Positiv entwickeln sie eine Vision einer Diakonie und Kirche, die „neben einer bestmöglichen medizinischen und pflegerischen Versorgung auch bestmögliche Rahmenbedingungen für eine Wahrung der Selbstbestimmung” bereitstellen. Dazu könnten dann nach ihren Vorstellungen auch Beratungsangebote und die Ermöglichung des assistierten Suizids gehören.

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