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Die Herforder evangelische Marienkirchengemeinde Stiftberg hat mich in einem längeren Podcast zu meinem Werdegang aber vor allem zu den oben genannten Themen interviewt. Das ergab ein sehr lebendiges Gespräch zwischen dem dortigen Pfarrer Simon Hillebrecht, dem Presbyter Aike Schäfer und mir.

Nachzuhören unter https://ein-lebenszeichen.podigee.io/5-hanno-paul

 

Die semipermeable Membran

Es ist vielleicht trivial und trotzdem hat mir dieses Bild weitergeholfen: Das Innere jeder Zelle ist ja von einer semipermeablen Membran, also einer halbdurchlässigen Schicht, umgeben. Diese nur wenige Moleküle dicke Hülle übernimmt wichtige Funktionen sowohl der Abgrenzung nach außen, sodass überhaupt eine von der Umgebung unterschiedene Innenwelt entstehen kann,  wie auch des Austausches mit der Umgebung, sodass Vorgänge wie z. B. Atmung, Ernährung, Kommunikation und die Einbindung in größere Zellverbände, aber auch bestimmte Veränderungen der Zelle selbst möglich werden. Sie hat also die Aufgabe, zu unterscheiden, was im Inneren der Zelle und was draußen bleiben soll und was die Zellmembran in welcher Menge, in welcher Geschwindigkeit und in welcher Richtung passieren kann.

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Schematischer Aufbau einer Zellmembran

Für mich symbolisiert dieses Bild ganz viel von einer der Aufgaben, die jeder Mensch, aber auch jede Institution oder Organisation jeden Tag neu zu lösen hat: In welcher Weise soll  ich mich abgrenzen? In welcher Weise soll ich mich öffnen? Weiterlesen

„Goldene“ Sätze: Wer lebt, stört

Wer lebt, stört. – Klingt vielleicht trivial, ist es aber eigentlich nicht. Denn wie oft wollen wir Störungen vermeiden.

Wer lebt, stört. – Das heißt: Unser Leben ist immer auch Störung anderer. Der Stuhl, den wir besetzen, steht anderen nicht zur Verfügung; das Brot, das wir essen, nährt andere nicht; in der Zeit, in der wir reden, machen wir anderen das Reden schwer.

elefant-mausWer lebt, stört. – Dieser Umstand lässt sich nicht vermeiden. Wenn ich es dennoch versuche, hat das zwei Effekte. Erstens droht mir die Luft auszugehen. Ich nehme mir den Raum, den ich für meine Lebensaktivitäten bräuchte. Das geht zu meinen Lasten. Zweitens verstecke ich schnell meine Fähigkeiten und gebe der Welt nicht das, was ich ihr geben könnte. Das geht zu Lasten aller.

Wer lebt, stört. – Dieser Satz ist eine Einladung an alle Schüchternen, sich den Raum zu nehmen, den sie brauchen: andere im Gespräch zu unterbrechen, die eigene Meinung zu vertreten, eigene Ziele zu verfolgen, in Konkurrenz zu gehen. Er ist kein Freibrief an alle Egoisten, sich selbst absolut zu setzen und das große Ganze aus den Augen zu verlieren.

Denn auch der Satz stimmt: Alles ist mit allem (irgendwie) verbunden. Ja, das Leben lebt von Störung und Harmonie gleichermaßen. Sonst wäre es langweiliger Stillstand oder sich selbst vernichtendes Chaos.

Wer lebt, stört. – Was wir daraus machen, liegt an uns.