Mein Glaube angesichts der Coronapandemie

Ich werde manchmal gefragt, „Herr Pastor, haben Sie eigentlich Angst vor dem Sterben?.“ Meine Antwort darauf ist: „Im Moment, glaube ich, nicht wirklich; aber zeigen muss es sich dann, wenn ich in der Situation bin und davor stehe.“

Auf einer anderen Ebene geht es mir auch so mit der augenblicklichen Situation. So unerwartet sie auch für mich kam, sie ändert eigentlich nicht meinen Blick auf die Welt. Dass jedes Leben und jede Gemeinschaft bedroht und zerbrechlich ist, weiß ich spätestens seit dem frühen Tod meines Vaters und, seitdem mir von Auschwitz und vom Zweiten Weltkrieg erzählt wurde. Und die Kriege in Jugoslawien, der Tsunami 2004 und tausend Schicksale hier im Krankenhaus haben mich immer wieder daran erinnert.

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Knospe der Nashi-Birne im Corona-Frühling; eigene Fotografie

Schau ich mir die Bibel an, dann sind das allerdings ganz und gar keine neuen Erfahrungen, sondern spiegeln in gewisser Weise das Zentrum christlichen Glaubens wider. Denn der Begründer unserer Religion ist eben kein erfolgreicher Kriegsheld, sondern am Kreuz zu Tode gefoltert worden. Allerdings – und das ist dann die andere Seite unseres Glaubens – eben nicht im Tod geblieben.

Was heißt das nun für mich in Corona-Zeiten?

Ich merke, vier Dinge sind mir wichtig:

  1. Wahrnehmen, was diese Situation in mir auslöst. Da merke ich, das verändert sich. Mal ist da mehr Grundvertrauen, mal ist da mehr Sorge, mal ist da mehr Angst, mal ist da mehr konkrete Zuversicht. Meine Überzeugung ist, alle Gefühle sind okay. Alles in mir darf sein. So sollte ich immer wieder hinfühlen, was in mir ist, und dann meinen Kopf hinzuziehen, um zu entscheiden, welche Gefühle ich auf welche Weise zur Leitschnur meines Handelns machen möchte.
  2. Mich, so wie ich bin, mit Gottes Kraft zu verbinden suchen. Das tun, was mir Gottes Nähe bewusster macht: Singen, beten, meditieren, passende Bücher oder Predigten lesen, einen Fernsehgottesdienst sehen, in der Natur spazieren gehen … Gott spricht auf viele Weisen zu uns. Ich sollte schauen, wie ich ihn spüren kann.
  3. Das tun, was ich kann, um die Auswirkungen des Virus zu bekämpfen: Weiter meine Arbeit tun, im Privaten helfen, Blut spenden, auf überflüssige Hamsterkäufe verzichten, Abstand halten, um nur ein paar Dinge zu nennen.
  4. Versuchen, das was ich nicht ändern kann, anzunehmen und darin auch offenzubleiben für das, was die neue Situation vielleicht auch an positiven Wendungen für mich bringen könnte. Damit will ich absolut nichts schönreden. Aber zum Bewahren unserer Lebendigkeit gehört es, auch in Krisenzeiten wahrzunehmen, was gelingt – an Arbeit, an Planungen, an Begegnungen –, was mir an Schönem begegnet und vielleicht auch, welche Chancen andere Wege bieten, die ich bisher nicht gegangen bin.

Das waren ein paar Überlegungen von mir. Mich würden Ihre und eure eigenen Gedanken, Gefühle und Erfahrungen interessieren.

 

4 Gedanken zu „Mein Glaube angesichts der Coronapandemie

  1. Ich habe im Moment das Gefühl, dass mich diese „Zwangspause“ gerade im richtigen Augenblick erreicht hat. Obwohl es sehr ungewohnt für mich ist, dieses „Herunterschalten“ von Hundert auf Null. Meine Begegnungstätte für Senioren ist geschlossen, meine Senioren-Kurse sind eingestellt, keine ehrenamtlichen Tätigkeiten mehr…… Diese Dinge haben mein Leben doch sehr bestimmt und gut ausgefüllt. Und doch spüre ich, dass es Zeit wurde…… Ich genieße es, jeden Tag einen Spaziergang zu machen. Die Natur schenkt uns so viel. Und etliche von uns haben ihre Gärten – wir sind reich! Zum jetzigen Zeitpunkt hält sich die große Sorge um die Zukunft noch in Grenzen bei mir. Ich staune, dass da (noch) nicht mehr Ängste sind. Ich habe ein schönes Gebet und eine Meditation gefunden, beides tut mir allabendlich um 19.30 Uhr, wenn die Kirchenglocken läuten, gut. Ich schreibe dann mit einer Bekannten….und wir erinnern uns gegenseitig an dieses neue Ritual….. und ans Kerze anzünden. Ich spüre, dass es vielleicht an der Zeit ist, etwas zu verlassen, zu überdenken, einen anderen Weg einzuschlagen…..(?!?) Vom Ziel habe ich keine genaue Vorstellung. Mich treiben- und einlassen…….auf das, was kommt, das wünsche ich mir. Ich bin in Kontakt mit meinen Senioren, Kollegiinen und Kollegen…….und der Familie, Bekannten und Freunden. Auf den unterschiedlichsten Wegen sind wir in Verbindung, per Telefon, WhatsApp, Mail……oder auf dem guten alten Postweg. Aber alles sehr dosiert……Meine kleine Enkelin fehlt mir, sie wird nun bald laufen und ich werde es nicht live erleben. Doch allen in meinem Umfeld geht es gut bisher, alle sind gesund und wohlauf. Abschließend kann ich sagen, dass ich dankbar bin, für diese „Auszeit“, auch wenn ich sie mir unter anderen Voraussetzungen gewünscht hätte.

    Allen gute Hoffnung, Zuversicht und Gottes Segen, in diesen Zeiten………

    Elke Engelsmeier-Leschke

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  2. In dieser Zeit stelle ich fest, wir sind näher bei-einander. Die Zeit für ein Gespräch ist nun mehr länger. Die Telefonanrufe passieren spontaner ohne Voranmeldung. Auch hat mich eine Postkarte meiner Tochter freudig überrascht. Was mich überflutet sind die nicht enden wollenden Thesen und die absoluten Meinungen – fest und starr. Da ist weniger mehr. In diesem Sinne eine gute Zeit.
    Mit besten Grüßen Matthias Wache

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  3. Vielen Dank für die guten Gedanken. Ich laß vor ein paar Tagen ein Gedicht von Thomas Rothfuß,
    das gut zu unserer momentanen Situation passt, obwohl es schon 2008 von dem Schriftsteller
    geschrieben wurde. Thomas Rothfuß war ein großer Verehrer von Heinz Erhardt und trat dann
    in dessen Fußtapfen. Es heißt:
    Verdrehte Erde
    Sieht einer Büffel, Löwen, Antilopen,
    befindet er sich in den Tropen,
    doch Forscher haben jetzt erkannt,
    die Tropen sind bereits im Land!
    In Hessen die Malaria,
    Sumpffieber in Batavia,
    in Rheinland-Pfalz die Tse-Tse-Fliege,
    Grashüpfer-Schwärme zur Genüge.
    Statt Ostern gibt es nur noch Western,
    und Skilaufen ist Schnee von gestern.
    Wir waren zu der Welt so schlecht,
    jetzt merken wir, wie sie sich rächt!
    Es wär´so schön, wenn uns´re Erde
    wieder so wie früher werde.
    Besonnenheit kann vieles richten
    sonst wird sie uns total vernichten!
    Euch allen trotz der angespannten und ungewöhnlichen Zeit frohe und besinnliche
    Ostertage und alles Gute – gute Gesundheit –

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  4. DANKE für Eure Gedanken!
    Ich habe das Gefühl, alles aus der Ferne zu betrachten, nehme manches wie in Zeitlupe war.
    Aber die Zeit dafür scheint da zu sein.
    Ich habe mir Gedanken über mein anstehendes Tun gemacht und es läuft gefühlt gut.
    Mit meinen Freunden , Bekannten telefoniert, KonfirmandInnen angerufen und mich mit ihnen ausgetauscht. Für meine Enkel Bilderrätsel gesammelt und zugeschickt, mit Ihnen Radtouren unternommen. Die Angst vor der Ansteckung nicht aufkommen lassen und sogar mit meinem ältesten Enkel eine Tour von Wiedenbrück nach Herford unternommen. Er war dann einige Tage bei uns. Meine Frau und ich haben dann auch versucht, die Infos zur Corona- Krise auf ein persönliches Maß der Betroffenheit herunter zu brechen.
    Mit meinen Söhnen gelaufen, viele Gespräche geführt. Eine herrliche Zeit, wann hatte ich die zuletzt?!
    In der letzten Wochen bin ich mit der Bahn bis Minden gefahren und dann mit dem Rad über Bückeburg zum Steinhuder Meer. Zurück radelt ich dann über den Weserweg nach Minden und mit der Bahn wieder zurück. Viele Menschen habe ich getroffen und auf Abstand interessante und manchmal auch intgensive Gespräche geführt. Überall traf ich auf Freundlichkeit und gegenseitiges Interesse. Der Garten ist so schön, wie kaum in den Jahren zuvor.
    Am Lagerfeuer haben wir mit Nachbarn auf Abstand gesessen und spät noch in die verglimmende Glut geblickt.
    Natürlich finden wir es schade, daß einige geplante Unternehmungen nicht stattfinden konnten.
    Aber…dadurch haben wir Anderes entdeckt.
    Beim Krisentelefon sind die Gespräche von einer anderen Art, ernsthafter, sinnsuchender…
    Der besondere Ostergottesdienst hat viel aufblühen lassen, was scheinbar nicht mehr da war.
    Zwei Stunden habe ich am Eingang unsere Kirche gestanden und die Gottesdienstbesucher
    entsprechend der Vorgaben eingewiesen. Zwei Stunden mit Gesprächen, mit Austausch, mit
    Gemeinde sein… einfach österlich!!!!
    Auch erinnere ich mich an unsere gemeinsamen Treffen. Oft tauchen in meinen Gedanken
    Teile dieser Treffen wieder auf.
    DANKE, daß Ihr mich mich da ward, daß wir für einander da waren.
    Ich freue mich auf ein Wiedersehen, auch in unser gemeinsamen Arbeit, die jeder “ auf seinem/
    ihrem Acker bestellt“.

    Helmut Beversdorff

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