Zur Diskussion um den Kabinettsentwurf zur Triage
Das Bundeskabinett hat am 24. August 2022 einen Gesetzesentwurf zur Änderung des Infektionsschutzgesetzes beschlossen, um zu regeln, wer in einer pandemiebedingten Mangelsituation Zugang zu einer begrenzten Zahl von Behandlungsplätzen auf einer Intensivstation bekommen soll. Dieser Entwurf ist die Antwort auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 16.12.2021, in dem dieses mehreren Menschen mit Behinderungen recht gab, die sich durch die aktuelle Rechtslage im Falle einer Triage diskriminiert sahen.
Er beschränkt sich auf die Triage im Pandemiefall und enthält dafür im Wesentlichen folgende Regelungen:
- Diskriminierungsverbot: Die Regelungen zur Zuteilungsentscheidung von aufgrund einer übertragbaren Krankheit nicht ausreichend vorhandenen überlebenswichtigen intensivmedizinischen Behandlungskapazitäten gelten für alle Patient*innen unabhängig sowohl von der Ursache der intensivpflichtigen Behandlungsbedürftigkeit als auch von Alter, Gebrechlichkeit, möglicher Behinderung, sexueller Orientierung und ethnischer Herkunft.
- Aktuelle und kurzfristige Überlebenswahrscheinlichkeit: Maßgebliches Kriterium für die Zuteilungsentscheidung ist die aktuelle bzw. kurzfristige Überlebenswahrscheinlichkeit. Komorbiditäten, das heißt weitere Erkrankungen, dürfen in die Zuteilungsentscheidung genau dann einfließen, wenn sie die aktuelle kurzfristige Überlebenswahrscheinlichkeit erheblich verringern.
- Ausschluss der Ex-Post-Triage: Ausdrücklich ausgeschlossen wird der Abbruch einer noch erfolgversprechenden und vom Patientenwillen getragenen Behandlung zugunsten anderer Patient*innen, auch wenn bei ihnen von einer höheren aktuellen und kurzfristigen Überlebenswahrscheinlichkeit ausgegangen werden könnte.
- Mehraugenprinzip: Zuteilungsentscheidungen müssen nach dem Gesetzentwurf von mindestens zwei dafür besonders qualifizierten Ärzt*innen getroffen werden. Außerdem ist die Einschätzung einer Person mit besonderer Fachexpertise zu berücksichtigen, wenn eine Patientin oder ein Patient mit einer Behinderung oder Komorbidität von der Zuteilungsentscheidung betroffen ist.
Zudem ist in dem Entwurf festgelegt, dass Krankenhäuser schon im Voraus dafür Sorge zu tragen haben, dass die entsprechenden Strukturen für den Triagefall geschaffen werden.

Dagegen sind u.a. folgende Punkte, die im Vorfeld des Entwurfs ebenfalls diskutiert wurden, in der vom Kabinett verabschiedeten Fassung nicht enthalten:
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