Nino Haratischwili: Die Katze und der General

Neulich bin ich auf ein Buch gestoßen, das schon etwas älter ist, aber mich ziemlich bewegt. Es ist der 2018 erschienene Roman der Deutsch-Georgierin Nino Haratischwili „Die Katze und der General“. Darin erzählt sie die Geschichte eines Kriegsverbrechens durch die russische Armee in Tschetschenien und, wie einer der daran Beteiligten, der inzwischen zum Oligarchen aufgestiegene „General“, Gerechtigkeit dafür erzwingen will.

Faszinierend war für mich der Wechsel der Perspektiven, aus der dieses Buch geschrieben ist. In einem Spiegelinterview sagt die Autorin auf die Frage, welche Frage sie sich zu Beginn des Schreibens gestellt hätte:

„Wie kann man als Täter weiterleben? Machen Umstände Menschen zu Monstern? Nicht jeder verhält sich in einer Kriegssituation gleich, woran liegt das? Daran habe ich mich regelrecht abgearbeitet.“

Um dem näher zu kommen, beschreibt sie Ereignisse aus der Sicht verschiedenster Menschen, die alle auf ihre Weise mit den Konflikten in der zerfallenden Sowjetunion und ihrer Nachfolgestaaten verbunden sind: als Soldaten oder Opfer der kriegerischen Auseinandersetzungen, als deren Angehörige, als Menschen, die unter den Folgen des wirtschaftlichen Zerfalls der UdSSR zu leiden haben, als ein Deutscher, den dieses Thema so fasziniert, dass es sein Leben bestimmt.

Das Kriegsverbrechen selbst nimmt nach Haratischwilis Worten (ebd.) eine wahre Begebenheit aus dem Tschetschenienkrieg auf. Wie realistisch die Perspektiven der verschiedenen Charaktere sind, die fast alle durch die Gewalt des Krieges in irgendeiner Weise direkt oder indirekt traumatisiert wurden, kann ich mangels eigenes Wissens ehrlicherweise nicht beurteilen. Auf jeden Fall haben mich die verschiedenen Personen in der Wucht ihrer Darstellung und ihrem jeweiligen Drang nach Leben in ihren Bann gezogen.

Insgesamt hat mir dieses überaus spannende Buch diese Region an der Grenze Europas näher gebracht. Es hat mir – ohne sein Verhalten gutzuheißen – auch verständlicher gemacht, warum Putin in seinem Land so eine hohe Akzeptanz hat. So hat es mich angeregt, mich mehr mit der Geschichte dieses Teils der Welt zu beschäftigen, der uns durch den Krieg in der Ukraine ja ohnehin näher gerückt ist.