In der Ukraine: OSZE-Beobachtungsmission erhalten – die Kriegsgefahr reduzieren

Die USA hat ihre Staatsangehörigen aufgefordert, die Ukraine zu verlassen. Diese Aufforderung schließt wohl auch US-Amerikaner*innen ein, die im Rahmen der OSZE die Waffenstillstandslinie im Osten der Ukraine überwachen (vgl. https://www.rnd.de/politik/osze-will-beobachtermission-in-ukraine-fortsetzen-trotz-ausreise-aufrufen-KQPBYLNT2IOIEGBYSBH7TNFFFQ.html).


OSCE Special Monitoring Mission to Ukraine, CC BY 2.0, via Wikimedia Commons

Pfarrer Berthold Keunecke, Friedensbeauftragter des Ev. Kirchenkreises Herford weist zurecht auf die Gefahren hin, die dieser Schritt für den Frieden in der Region und für die Wirtschaft in Deutschland und Europa bedeutet, wenn er schreibt:

„In den Kirchengemeinden wächst die Angst vor einem Krieg in Europa. Die Eskalation des Ukrainekonfliktes nimmt tatsächlich bedrohliche Formen an: Den Abzug der USA aus der Beobachtungsmission der OSZE halte ich für unverantwortlich, weil er Grenzverletzungen an der Waffenstillstandslinie erleichtert. In den nächsten Tagen wird vermutlich von Kämpfen dort berichtet werden – verbunden mit Beschuldigungen gegen die Separatisten.

Ohne die OSZE wären diese nicht zu überprüfen: Ich erinnere mich, dass sowohl der Kosovokrieg wie auch der Irakkrieg unter Einsatz von Falschinformationen begründet wurden. Genauso könnten hier ukrainische Truppen, die inzwischen massiv aufgerüstet wurden, versuchen, die Donbassregion zu erobern, und das mit Angriffen von Separatisten oder sogar Russlands begründen. Weil das Waffenstillstandsabkommen Minsk II von der UNO unterstützt wurde, wäre das eine Völkerrechtsverletzung, die Russland vielleicht nicht hinnehmen würde – und mit einem militärischen Eingriff selbst das Völkerrecht brechen würde. Es bliebe dann nur zu hoffen, dass eine weitere militärische Eskalation verhindert werden könnte.                                                                                             

Die einzigen, die von diesem Szenario wirklich profitieren würden, wären die USA, weil sie nach Beendigung des Nordstream 2- Projektes Frackinggas nach Europa exportieren könnten, und ihren Waffenexport steigern würden. Ein tiefer Keil wäre zwischen Russland und Europa getrieben. Die Ukraine hätte sehr viele Tote und die ökologischen Probleme mit zerstörten Industrieanlagen im Donbass zu beklagen. Eine mögliche weitere Eskalation bis hin zu einem Atomkrieg wäre möglich. Das alles darf nicht sein – deshalb muss die Beobachtungsmission der OSZE aufrechterhalten werden und die Regierung in Kiew muss gedrängt werden, auf jeden Eroberungsversuch im Donbass zu verzichten!

Eine Demonstration am 17. Februar um 17 Uhr am Rathaus in Bielefeld soll alle Bemühungen der Bundesregierung in diese Richtung unterstützen.“

https://www.kirchenkreis-herford.de/service/nachrichten/2022/2022-02-14-friedensbeauftragter

Dem ist aus meiner Sicht nicht viel hinzuzufügen, außer vielleicht der Hinweis auf den Artikel von Clemens Ronnefeldt, Heinz Loquai, den damaligen Brigadegeneral bei der OSZE mit seiner Einschätzung der Entwicklungen im Vorfeld des Kosovokrieges zu Worte kommen lässt, in denen er u.a. ausführt:

„Die Ereignisse zeigen, daß durchaus Möglichkeiten für eine friedliche Lösung des Kosovo-Konfliktes bestanden. Greifbar nahe war diese Chance in der Zeit von Mitte Oktober bis Anfang Dezember 1998. In diesen Wochen befand sich die Bundesrepublik Jugoslawien auf Friedenskurs. Die Tauben hatten dort offenbar die Oberhand gewonnen. Es wäre nun erforderlich gewesen, auch die Kosovo-Albaner auf diesen Weg zu bringen oder zu zwingen. Eine rasche, flächendeckende Stationierung der OSZE-Mission hätte den Weg zum Frieden absichern können. Beides ist nicht gelungen. Doch auch danach gab es immer wieder relative Ruhe und Chancen für eine friedliche Lösung des Konflikts. Zwar zogen die Falken ab Dezember 1998 schon wieder ihre Kreise. Beide Konfliktparteien eskalierten die Gewalt. Die UCK sah sich ihrem Ziel, das sie beharrlich verfolgt hatte, ganz nah: einem Nato-Angriff auf die Bundesrepublik Jugoslawien. Die jugoslawischen Hardliner zielten darauf ab, die UCK und ihre gesamte Infrastruktur zu eliminieren. Beide Parteien nahmen auf die Zivilbevölkerung wenig Rücksicht, sie wurde für die jeweiligen Zwecke instrumentalisiert. Eine von langer Hand vorbereitete systematische Vertreibung der kosovo-albanischen Bevölkerung ist jedoch nicht erkennbar. Die OSZE konnte die Konflikte immer wieder einhegen und die Lage von Fall zu Fall stabilisieren. Doch ab Mitte Januar wuchs der Druck in Richtung einer militärischen Lösung aus der Nato, allen voran die USA, rapide. … Außerdem konnte ja ein militärisches Eingreifen der Nato ohne UN-Mandat faktisch einen Anspruch bestätigen, den die USA bisher in den Verhandlungen über eine neue Bündnisstrategie noch nicht durchzusetzen vermocht hatten“.

https://versoehnungsbund.de/sites/default/files/2020-06/2000-cr-wahrheit.pdf, S.2.

Ich kann schwer beurteilen, was die augenblicklichen Ziele der russischen und der US-amerikanischen Regierung sind. Aber aus meiner Sicht ist es wichtig, diesen Aspekt mehr in die Öffentlichkeit zu tragen – als einen Beitrag um einen Tunnelblick auf einen Krieg hin zu vermeiden; denn wir sollten alle zivilen und diplomatischen Mittel nutzen, um den Frieden zu bewahren.

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