Um diese Frage zu beantworten, muss man sich klarmachen, dass eine Patientenverfügung trotz aller juristischen Implikationen in erster Linie ein Mittel der Kommunikation ist. Es geht darum deutlich zu machen, was ich in bestimmten Situationen an medizinischer Behandlung möchte und was nicht, so dass dies die behandelnden Ärzte und mein Betreuer bzw. meine Bevollmächtigte verstehen und nachvollziehen können. Sie sollen gegebenenfalls Entscheidungen über Leben und Tod treffen, von daher sind sie darauf angewiesen, dass ich mich so klar wie möglich ausdrücke.
Zudem ist das Leben so vielfältig, dass ich die meisten Situationen, in die ich kommen werde, nicht wirklich voraussehen kann. Von daher ist es aus meiner Sicht sinnvoll, die Möglichkeit zu nutzen, die der Absatz 2 des § 1901a BGB bietet, und statt punktgenauen Anweisungen nur einen Handlungsrahmen zu beschreiben, den die Person, die für mich entscheidet, dann mit Leben füllen muss.
Das führt zu folgenden inhaltlichen Kriterien für eine gute Patientenverfügung:
- Sie ist in sich stimmig.
- Sie ist verstanden und dokumentiert das nach Möglichkeit auch.
- Sie macht den eigenen Hintergrund deutlich mit Antworten auf Fragen wie:
- Was ist mir wichtig im Leben? Wo stehe ich jetzt?
- Was für Erfahrungen habe ich in Bezug auf Situationen, die die Verfügung beschreibt?
- Was will ich erreichen?
- Was will ich vermeiden?
- Sie wahrt ein rechtes Maß zwischen Bestimmtheit und Offenheit, so dass sie Richtschnur sein kann und zugleich flexibel genug ist, auch auf im einzelnen nicht vorhergesehene Situationen einzugehen.
Um solch eine Verfügung zu erreichen, empfiehlt es sich, sich beraten zu lassen und zwar von jemandem, der sich auskennt. Das könnten geeignete Ärztinnen, Theologen, Juristinnen oder Mitarbeitende in der Hospizbewegung sein. Eine speziell ärztliche Beratung ist vor allem dann wichtig, wenn ich bestimmte fortschreitende Erkrankungen habe und ich festlegen möchte, was passieren soll, wenn ein bestimmtes Stadium oder eine bestimmte Komplikation erreicht ist.
Ein Formularentwurf und Beispiele, die versuchen, oben genannten Kriterien zu entsprechen, finden sich auf meiner Seite Patientenverfügung und Co.
Will ich ein Formular nutzen, ist es besonders wichtig darauf zu achten, ob sich die innere Philosophie dieses Formulars mit meinem eigenen Willen deckt.
Formal sind folgende Kriterien zu beachten:
- Eine Patientenverfügung verlangt einen Menschen, der sie durchsetzt. Deshalb sollte ich sie nach Möglichkeit mit einer Vollmacht oder einer Betreuungsverfügung kombinieren, und sie mit der dort benannten Person gründlich besprechen.
- Auch wenn es gesetzlich nicht gefordert ist, ist es auf jeden Fall sinnvoll, im Abstand einiger Jahre und insbesondere, wenn sich meine Lebens- und Gesundheitssituation geändert hat, die Verfügung zu überprüfen, sie zu ändern oder zu belassen, und diesen Vorgang auch durch eine erneute Unterschrift zu dokumentieren.
- Schließlich kann eine Verfügung nur wirken, wenn sie bekannt ist. Deshalb sollte ich sie je nach Inhalt und Lebenssituation z. B. ins Krankenhaus mitnehmen, sie auch bei der Hausärztin deponieren, sie dem Pflegeheim bekannt machen und ggf. darauf drängen, dass ihre Konsequenzen in der Krankenakte an hervorgehobener Stelle gekennzeichnet werden.
Letztlich sollte ich bedenken, dass eine Patientenverfügung immer nur ein Baustein einer umfassenden Vorsorge ist (ein weiterreichendes Konzept ist z.B. das der Advance Care Planing) und dass umgekehrt der Gesetzgeber ausdrücklich festlegt, dass eine solche Verfügung immer freiwillig sein muss. Ich sollte also ernsthaft prüfen, ob ich überhaupt willens und in der Lage bin, solch eine Verfügung zu treffen. Tue ich das nicht, gelten die Grundannahme, dass ich gerne leben und wieder gesund werden möchte und das Kriterium der medizinischen Indikation, das insbesondere in der Endphase des Lebens ebenfalls die Behandlungsmöglichkeiten begrenzt.
Von daher ist eine Patientenverfügung besonders dann wichtig, wenn ich mir sicher bin, dass ich auch in bestimmten Situationen, in denen mein Sterben noch nicht absehbar ist, wie z. B. bei Wachkoma oder im Falle einer massiven Pflegebedürfigkeit bei fehlender Entscheidungsfähigkeit nur noch eine eingeschränkte Behandlung möchte. Ansonsten könnte es reichen, mit einer Vollmacht oder Betreuungsverfügung festzuhalten, wer in solch einer Situation für mich sprechen soll.
Gibt einen guten Überblick über das Thema. Regt mich an, die Verfügung meiner Mutter noch mal auf Aktualität zu prüfen.
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