Geben Sie oder geben Sie nichts – zehn Ratschläge, bettelnden Menschen zu begegnen

Soll man Menschen, die auf der Straße um Geld betteln, etwas geben? Wie gewinne ich innere Freiheit, ohne meine Menschlichkeit zu verlieren?

Im Rundbrief der Kana-Suppernküche Dortmund habe ich folgende Tipps aus dem Newsletter „Hospitality“ der Open Door Community (Baltimore, USA) gefunden, die es aus meiner Sicht eine gute Antwort auf diese Frage geben.

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By smial (Own work) [FAL or GFDL 1.2], via Wikimedia Commons

  1. Geben Sie etwas, oder geben Sie nichts. Das ist allein Ihre Entscheidung. Aber schauen Sie der bettelnden Person immer in die Augen, grüßen Sie und sagen Sie vielleicht: „Es tut mir Leid, heute geht es nicht“, oder „Das ist für Sie“. Behandeln Sie die Person immer respektvoll.
  2. Wenn Sie einem bettelnden Menschen etwas geben, denken Sie daran, dass es ein Geschenk ist und es ihr oder ihm frei steht, was sie oder er damit macht.
  3. Es ist völlig in Ordnung, wenn Sie nichts geben. Bettelnde rechnen damit, dass die meisten Passanten nichts geben. Einer sagte mir mal: „Das ist wie ein unangemeldeter Vertreterbesuch. Ich muss in der Regel damit rechnen, abgewiesen zu werden, und das macht mir nichts aus. Aber ich will mit Respekt behandelt werden.“
  4. Wenn Sie sich verunsichert fühlen oder die Person aggressiv oder bedrohlich ist, gehen Sie weg und geben Sie nichts. Wie ein Bettler mal sagte: „Es gibt überall A…löcher. Die darf man nicht auch noch belohnen.“
  5. Geben Sie ab und zu mehr als erwartet wird. Wenn jemand um einen Euro bittet, geben Sie fünf – nur so zum Spaß.
  6. Begrenzen Sie Ihre Gaben. Meine Grenze liegt bei fünf Euro täglich. Wenn ich die vergeben habe, antworte ich allen bittenden Personen: „Ich habe heute schon meinen Anteil gegeben.“ Ich betrachte das als meine „Straßensteuer“.
  7. Es gibt da draußen bettelnde Menschen, die nicht obdachlos sind. Sie sind einfach nur arm. Geben Sie auch denen etwas, oder geben Sie nichts, aber behandeln Sie alle mit Respekt.
  8. Es ist in Ordnung, wenn Sie sich beim Anblick eines bettelnden Menschen peinlich oder unangenehm fühlen. Es bedeutet, dass Sie Gewissen und Mitgefühl besitzen.
  9. Falls Sie Zeit haben und motiviert sind, engagieren Sie sich doch freiwillig in einer Organisation, die mit Menschen von der Straße arbeitet und Nahrung, Unterkunft, medizinische Versorgung usw. anbietet. Sie werden einigen wirklich interessanten Menschen begegnen, und die werden Sie kennen lernen. Vielleicht sehen Sie dann einige von ihnen ab und zu auf der Straße, und Sie können winken und ihnen „Hallo!“ zurufen.
  10. Wenn Sie wohnungslosen Menschen wirklich helfen wollen, setzen Sie sich für Wohnraum für alle Obdachlosen ein. Unterstützen Sie Organisationen in Ihrer Stadt, die eine Politik des „Wohnrechts für alle“ vertreten. Leisten Sie außerdem allen Vertreibungsversuchen – wie Bettelverboten – Widerstand, die Menschen auf der Straße dehumanisieren, diskriminieren und kriminalisieren.

(Peter Gathje, ursprünglich unter: http://opendoorcommunity.org/May-June-2017, deutsche Übersetzung: http://www.kana-suppenkueche.de/rundbriefe/Rundbrief%20Sommer%2017.pdf)

Die Open Door Community, zu der Peter Gathje gehört, ist eine Gemeinschaft im Umfeld der Catholic Worker-Bewegung und hat viele Jahrzehnte obdachlose Menschen aufgenommen und Menschen auf der Straße mit Essen und medizinischer Hilfe versorgt.

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